Die AG Startup Förderung hat eine Stellungnahme als Beitrag zur Befragung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie über eine Aktualisierung der Startup- und Scaleup-Strategie vorgelegt. Darin befasst sie sich mit den strukturellen Schwächen der deutschen Gründungslandschaft.
Das Papier plädiert für einen Paradigmenwechsel in der Förderpolitik: eine stärkere direkte Förderung von Gründer:innen, einen Fokus auf Diversität und Chancengleichheit, Erleichterungen bei der Fachkräftegewinnung und mehr Sichtbarkeit von Startups sowie Transparenz beim Zugang zu Ausschreibungen.
Die Kernforderungen der Stellungnahme
Mehr Mut zur direkten Förderung
Die Frühphase von Gründungen wird derzeit vernachlässigt. Programme sind oft auf die zugrunde liegende Infrastruktur und Beratung ausgerichtet, nicht aber auf die unmittelbare soziale Absicherung oder den Lebensunterhalt der Gründer:innen – gerade in den risikobehafteten Anfangsphasen nach der Gründung. D64 fordert deshalb direkte Zuschüsse, die gedeckelt, aber wirksam sind. So könnten junge Unternehmen selbstbestimmter wachsen, statt sich frühzeitig Investorenlogiken unterordnen zu müssen.
Startup-Produkte in den Handel bringen
Auch der Eintritt in den Markt bleibt ein Engpass. D64 schlägt hier gezielte Partnerschaften mit dem Einzelhandel vor, die von staatlichen Sicherungsinstrumenten flankiert werden. Eine koordinierte Initiative der Bundesländer kann die Sichtbarkeit deutscher Startups erhöhen, während der Bund unterstützend wirkt. Dies würde auch den geopolitischen Auswirkungen auf Lieferketten und dem zunehmenden Wunsch nach lokal produzierten Lösungen begegnen.
Diversität mehrdimensional denken
Besonders deutlich positioniert sich D64 beim Thema Diversität: Bereits ergriffene Maßnahmen, die die besondere Situation von Gründerinnen aufgreifen, werden ausdrücklich begrüßt. Allerdings geht Diversität weit über geschlechterspezifische Aspekte hinaus. Soziale Herkunft, Migrationshintergrund und Behinderung müssen ebenso in die Förderpraxis einfließen. Die derzeitige Praxis benachteiligt Menschen ohne Studienabschluss oder mit prekären Startvoraussetzungen massiv. Auch internationale Studierende stoßen auf Hürden, etwa durch restriktive Visaregelungen.
Weniger Bürokratie, mehr Transparenz!
D64 kritisiert den unübersichtlichen Förderdschungel und die langwierigen Antragsprozesse. Die Forderung lautet daher: ein staatlich getragenes, niedrigschwelliges Informationssystem sowie ein effektiver Bürokratieabbau, der grundlegende Schutzstandards nicht gefährdet.
Fachkräfte gewinnen
Jungen Startups fehlt es oft an der Möglichkeit, qualifizierte Fachkräfte langfristig zu binden. D64 schlägt deshalb gezielte Entlastungen bei Sozialversicherungsbeiträgen vor, eine Art „Einstiegserleichterung“ für Mitarbeitende in jungen Unternehmen.
Faire Chancen bei Vergaben
Bei öffentlichen Ausschreibungen fordert D64 mehr Zugang für junge Startups – allerdings unter der Maßgabe, dass vor allem Unternehmen mit europäischer Eigentümerstruktur davon profitieren. Auch digitale Marktplätze und Plattformen, die Innovationen sichtbar machen, müssten gestärkt werden.
Bildung neu denken
Staatliche Programme wie EXIST sind zu stark an akademische Laufbahnen geknüpft. Dabei entsteht Innovation oft abseits etablierter Bildungskanäle. Die Forderung lautet daher: mehr Offenheit, weniger formale Kriterien und ein Ende der strukturellen Benachteiligung von Nicht-Akademiker:innen im Startup-System.
Europäisch denken, global handeln
Die Positionierung Europas gegenüber US-amerikanischen oder chinesischen Plattformen muss geschärft werden. D64 schlägt etwa eine deutsch-polnische Startup-Kooperation vor. Eine koordinierte europäische Förderpolitik ist überfällig.
Infrastruktur und Sicherheit: Zugang schaffen
Der Zugang zu sicherheitsrelevanten Ausschreibungen und solchen im Infrastrukturbereich ist für Startups intransparent. D64 fordert daher klare Verfahren, eine aktive Ansprache durch öffentliche Stellen und mehr solcher Ansatzmöglichkeiten für Startups in volatilen Märkten.